Das Virtual-Reality-Headset Pico 4 ist seit einigen Wochen auch in Deutschland erhältlich. Auf dem Papier weiß die preiswerte VR-Brille zu überzeugen, aber wie sieht es in der Praxis aus? Wir haben den Test gemacht.


Bild: techrush

Die VR-Headsets von Pico sind in Deutschland noch eher unbekannt. Das Unternehmen dahinter dürften wir allerdings alle kennen. Pico gehört nämlich zu ByteDance, den Machern der beliebten Smartphone-App TikTok. Damit ist es quasi das chinesische Gegenstück zu Meta (ehemals Facebook), die ebenfalls ihre eigenen VR-Headsets vertreiben.

Die Pico 4 ist im Endeffekt das, was für Meta die Quest 2 ist. Ein Stand-alone-Gerät, bei dem all die benötigte Hardware in die Brille selbst integriert wurde. Es gibt keine Basisstation und keine externen Sensoren. Ein Gaming-PC wird theoretisch auch nicht mehr benötigt. Die Brille ist leistungsstark genug, um die Spiele im Alleingang berechnen zu können. Eine Verbindung mit dem PC kann bei Bedarf jedoch trotzdem hergestellt werden. Dazu später mehr.


Bild: techrush

Der erste Eindruck

Die Pico 4 erfindet das Rad nicht neu und sieht aus, wie ein typisches VR-Headset eben aussieht. Vorne gibt es eine Brille mit schwarzer Front und diversen Aussparungen für Sensoren und Lautsprecher. Dort befinden sich auch ein kleiner Power-Button sowie ein USB-C-Anschluss, um das Headset aufzuladen. Eine Akkuladung reicht laut Datenblatt für rund 2,5 Stunden Spielspaß aus. Die tatsächliche Dauer hängt natürlich von vielen verschiedenen Faktoren ab. Bei uns hat das Headset in der Regel zwischen 1,5 und 2 Stunden durchgehalten.


Bild: techrush

Der Akku sitzt bei der Pico 4 auf der Rückseite des Headsets. Verbunden werden die Komponenten mit einem Kopfbügel, der sich mithilfe eines Verstellrads an die eigenen Bedürfnisse anpassen lässt. Ob man einen großen oder eher kleinen Kopf hat, spielt also keine Rolle. Das Headset wird an Vorder- und Hinterkopf fixiert, wobei störende Druckstellen durch weiche Polsterungen verhindert werden. Ein Klettverschluss auf der Oberseite gewährt der Konstruktion zusätzlichen Halt.

Das VR-Headset ist vergleichsweise leicht und das Gewicht schön ausbalanciert. Dadurch ergibt sich ein erfreulich hoher Tragekomfort im Alltag. Auch bei längeren Spielesessions punktet die Pico 4 mit einem bequemen Sitz. Brillenträger kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Pico liefert sogar einen extra Abstandshalter mit, um ausreichend Platz zu schaffen. Den haben wir – trotz Brille – aber überhaupt nicht gebraucht.


Bild: techrush

Da uns das VR-Headset mit anschaulichen Erklärungen durch die ersten Schritte führt, ist die Einrichtung denkbar einfach. Der Spielbereich kann entweder manuell eingezeichnet oder aus vorgefertigten Varianten in unterschiedlichen Größen ausgewählt werden. Eine farbige Außenkamera gewährt uns währenddessen einen Blick auf unsere Umgebung. Die Auflösung ist zwar nicht besonders hoch, aber ausreichend, um alles Wichtige erkennen zu können. Die Außenkamera kann im späteren Verlauf durch zweimaliges Tippen auf die rechte Seite des Headsets aktiviert werden, sofern man den Punkt in den Einstellungen anhakt.

App-Store und Konnektivität

Wie anfangs bereits beschrieben, handelt es sich bei der Pico 4 um ein All-in-one-Gerät, welches auch ohne zusätzlichen Gaming-PC verwendet werden kann. In diesem Fall muss man sich mit den Inhalten begnügen, welche der vorinstallierte App-Store zu bieten hat. Dort findet sich eine bunte Mischung aus den unterschiedlichsten Genres. Von Sportspielen bis hin zu Shootern und RPGs ist alles vertreten. Einige namhafte Titel werden gelistet. Andere, Beat Saber beispielsweise, hingegen nicht. Diese Limitierung ist der große Nachteil eines geschlossenen Systems.


Bild: Pico Streaming-Assistent (Screenshot)

Wer noch mehr Freiheiten bei der Spieleauswahl möchte, der kann die Pico 4 dann doch noch mit einem PC verbinden. Dafür müssen SteamVR und Picos hauseigener Streaming-Assistent installiert werden. Die Verbindung mit dem PC erfolgt entweder per Kabel oder WI-FI, sofern ein schnelles 5-GHz-Netz vorhanden ist. Über den Streaming-Assistenten lässt sich unter anderem die Qualität des Streams (Glatt, SD und HD) und die Bildwiederholrate bestimmen. Standardmäßig steht diese bei 72 Hertz. Es sind allerdings auch bis zu 90 Hertz möglich, was zu einem noch flüssigeren Spielerlebnis führt.

Bild & Performance

Bei der Pico 4 kommen sogenannte Pancake-Linsen zum Einsatz. Diese sind deutlich dünner und erlauben einen noch kleineren Abstand zwischen Auge und Linse. Die Auflösung liegt bei 2.160 x 2.160 Pixeln pro Auge, wodurch etwa 32 Prozent mehr Bildpunkte dargestellt werden können als bei der Meta Quest 2. Auch das Sichtfeld ist bei der Pico 4 ein wenig größer. Der Augenabstand kann motorisiert und stufenlos zwischen 58 und 72 Millimeter eingestellt werden.

Das dargestellte Bild ist wirklich überzeugend. Die VR-Brille hat nicht nur eine gute Schärfe, sondern auch einen recht großen Sweetspot zu bieten. Der altbekannte Fliegengitter-Effekt und störende Lichtbrechungen in Form von “God Rays” sind kaum wahrzunehmen. Farb- und Schwarzwerte bewegen sich zwar nicht auf OLED-Level, sind für ein LCD-Display aber sehr gut.


Bild: techrush

Im Inneren des Headsets arbeitet ein Qualcomm XR2. Dieser ist leistungsfähig genug, um alle von uns getesteten Spiele flüssig wiederzugeben. Der Arbeitsspeicher ist mit einer Kapazität von acht Gigabyte ebenfalls ausreichend bemessen. An Speicherplatz stehen je nach Modell entweder 128 oder 256 Gigabyte zur Verfügung.

Das Tracking mit den Controllern funktioniert hervorragend. Sowohl vor als auch seitlich des Körpers werden die Bewegungen präzise übermittelt. Sobald die Hände weit hinter den Körper wandern, bricht die Verbindung ab. Das ist typisch für All-in-one-Geräte und ist den integrierten Sensoren geschuldet. Handtracking kann zwar über das Entwicklermenü aktiviert werden, ist bisweilen aber noch recht fehleranfällig.


Bild: techrush

Die Controller liegen bequem in der Hand und alle Tasten lassen sich gut erreichen. Positiv überrascht sind wir von den Lautsprechern, die einen wirklich angenehmen Klang haben. Das integrierte Mikrofon geht in Ordnung. Wer einen noch besseren Sound möchte, der kann via Bluetooth auch zusätzliche Kopfhörer verbinden.

Fazit

Die Pico 4 gibt im Test eine gute Figur ab. Das VR-Headset ist hochwertig verarbeitet, bietet einen hohen Tragekomfort und ist dank Standalone-Konzept einfach in der Handhabung. Spiele laufen flüssig und werden zudem schön scharf dargestellt. Störende Bildfehler sind uns während des Tests nicht aufgefallen. Das Tracking mit den integrierten Sensoren funktionierte ebenfalls sehr zuverlässig. Über kleine Schwächen, wie der etwas niedrigen Akkulaufzeit, der überschaubaren Anzahl an Anschlüssen und dem begrenzten Store-Inhalt lässt sich angesichts des Preises hinwegsehen. Wer mehr Auswahl benötigt, kann das VR-Headset schließlich noch mit dem PC verbinden. Für einen Preis ab 429 Euro ist die Pico 4 definitiv einen Blick Wert.

Hinweis: Wir haben das Produkt vom Hersteller für einen Testbericht zur Verfügung gestellt bekommen. Das hat jedoch keinerlei Auswirkungen auf unsere Berichterstattung.

4.4 14 votes
Article Rating