Original-Meldung

Kommentar: Datenschutz dank DSGVO ist ja schön und gut, aber Überwachung durch eine EU-Urheberrechtsreform geht dann wirklich einen Schritt zu weit.


Foto: Pixabay

Was macht man, wenn man einen fragwürdigen Gesetzesentwurf gefertigt hat und eigentlich schon weiß, dass der Inhalt einigen Leuten nicht gefallen wird, weil er einfach schwachsinnig ist? Man wartet bis zur Weltmeisterschaft und hofft darauf, dass die Bürger zu abgelenkt sind und überhaupt nicht merken, was da gerade vor sich geht. Da kommen doch schöne Erinnerungen an das Sommermärchen 2006 hoch. Wir haben gefeiert, sind aufgewacht und plötzlich war die Mehrwertsteuer um 3 Prozent angehoben. Dieses Jahr möchte man die Freiheiten des Internets einschränken.

Automatischer Uploadfilter

Die EU hat der Online-Piraterie den Kampf angesagt – Zumindest scheinen einige Abgeordnete wirklich davon überzeugt zu sein. In Wahrheit setzt man einen gewaltigen Grundstein in Sachen Überwachungs-Netzwerk. Aber hey, Verhandlungsführer Axel Voss (CDU) kommt aus einem Land, in dem das Internet noch immer als Neuland durchgeht, da kann so ein kleiner Fauxpas ja mal passieren.

Arbeiten wir das Vorhaben mal ein wenig auf: Am 20. Juni wird der Rechtsausschuss im EU-Parlament über eine neue Urheberrechtsreform abstimmen. Artikel 13 dieser Reform soll dafür sorgen, dass urheberrechtlich geschütztes Material im Internet nicht ohne weiteres verbreitet werden kann. Soweit so gut. Dafür möchte man die Betreiber von Internetplattformen dazu bringen automatische Uploadfilter anzuwenden. Sprich, alles was hochgeladen wird, sei es Musik, ein Bild, oder ein Video, wird während des Uploads automatisch auf mögliche Lizenzverstöße analysiert. So etwas kennt man beispielsweise schon von YouTube, wo Videos ebenfalls vorzeitig überprüft werden. Ein Verfahren, dass seit der Implementierung hart in der Kritik steht, da es unfassbar fehleranfällig ist. Es kommt nicht selten vor, dass ein Video bereits im Vorfeld der Veröffentlichung gesperrt wird, da es angeblich gegen bestimmte Lizenzbestimmungen verstoßen würde. Oftmals handelt es sich aber lediglich um ein Versehen, da der Algorithmus das Bild-/Audiomaterial fälschlicherweise einem anderen Video zuordnet, weil es gewisse Ähnlichkeiten besitzt. Kleines Praxisbeispiel für die Zukunft: Solltet ihr irgendwo ein Meme, oder eine Parodie hochladen wollen, steht die Chance nicht schlecht, dass euer Werk nie an die Öffentlichkeit kommen wird.

Offene Türen für Missbrauch:

Ein weiterer Kritikpunkt ist sicherlich das vorhandene Missbrauchs-Potential. Auf YouTube findet man bereits Beispiele, wo sich Nutzer ein bestimmtes Rauschen urheberrechtlich schützen ließen. Alle Videos, die durch Zufall ein ähnliches Rauschen vorweisen, werden dann durch das ContentID-System geblockt. Zudem lässt sich nicht ausschließen, dass einfach eine andere Person eure Werke unter seinem Namen schützen lässt. Mag im ersten Moment nur ein kleiner Troll sein. Wenn aber ein Großteil aller Internetplattformen auf ein solches System setzen, ist das Chaos eigentlich schon vorprogrammiert.

Hohe Kosten für fehlerhafte Technik

Zu guter Letzt soll sich eine solche Software natürlich auch einiges Kosten lassen. Für große Unternehmen ist das sicherlich kein Problem, für kleine Unternehmen oder StartUps könnte das jedoch auf massive Kosten hinauslaufen.

Eingeschränkte Informationsfreiheit

Artikel 11 des Entwurfes befasst sich vor allem mit den Urheberrechten von Nachrichtenseiten. Stärkere Presserechte sollen die Inhalte jener schützen und erfordern den Erwerb einer Lizenz, sofern man diese dennoch nutzen möchten. Auch dieser Gedanke ist an sich nicht verwerflich. Kleines Beispiel gefällig: Die ersten zwei Sätze dieses Abschnitts habe ich einfach von einer anderen News-Seite übernommen. Wäre wohl nie jemandem aufgefallen.

In Zukunft sollen Links auf Verlags-Inhalte nur noch durch Lizenzgebühren möglich sein. Richtig verstanden, Links/Anreißertexte von Nachrichtenportalen sollen kostenpflichtig werden. Dadurch schafft man langfristig nur eine Monopolisierung von journalistischen Inhalten. Wer bitte soll von einer solchen Änderung profitieren, außer natürlich die Verlagslobby?

Netzaktivisten handeln bereits

Quelle: pr0gramm

Wenn wir schon über Memes reden. Das obige stammt von pr0gramm, einem deutschen Imageboard. Der Betreiber der Plattform meldete sich bereits zu Wort und sprach vom “Untergang der Plattform”, sollte das Gesetz tatsächlich irgendwann in Kraft treten. Gemeinsam haben die Nutzer eine Protestwelle in Bewegung gesetzt, um die EU-Abgeordneten davon zu überzeugen, sich gegen den Vorschlag auszusprechen. Eine Möglichkeit ist, die betreffenden Abgeordneten einfach anzurufen. Klingt komisch, ist aber gar nicht so schwer.

“Organisationen wie Save Your Internet und Change Copyright erklären, wie Bürger noch auf die Politiker einwirken können. Über Open Media kann jeder ermitteln, welcher Abgeordnete für ihn im Parlament sitzt, um ihn zu kontaktieren. ” Quelle: t-online

Auch namhafte Persönlichkeiten, unter anderem Tim Berners-Lee (Erfinder des www) & Jimmy Wales (Wikipedia Gründer) haben sich durch einen offenen Brief an das EU-Parlament gewandt und warnen von den Folgen der Reform. Diese Reform sorge nicht für Gerechtigkeit, sondern erschaffe ein Kontroll-Netzwerk, das seines gleichen sucht.

 

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